Droht Griechenland ein Militärputsch?

Die höchst angespannte politische Lage könnte in Griechenland zu einem Militärputsch führen. Zwar sei diese Eskalation nicht sehr wahrscheinlich, aber ausschließen könne man sie nicht, sagte der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur und NATO-General Harald Kujat der „Bild“-Zeitung. Auch das griechische Volk verliert die Geduld mit ihrer Regierung.

Nach Kujats Einschätzung könnte die dramatische innenpolitische Situation Forderungen nach einer „harten Hand“ an der Regierungsspitze lauter werden lassen. „Immer mehr Menschen in Griechenland merken, dass nicht das Schicksal, sondern die verheerende Arbeit der griechischen Politiker sie in diese dramatische Situation gebracht hat“, sagte er.

„Daraus ergibt sich die logische Konsequenz, nach Leuten zu rufen, die für Ordnung sorgen, die nicht korrupt sind, die den Mut haben, etwas zu verändern.“ Unter einer „harten Hand“ musste das Land allerdings schon einmal leiden: In Griechenland herrschte von 1967 bis 1974 eine Militärdiktatur.

„Wenn Entwicklungen wie ein Putsch sich anbahnen oder auch nur andeuten, gibt es innerhalb der NATO durchaus Möglichkeiten, auf das griechische Militär einzuwirken, ihnen zu signalisieren: Seid vorsichtig!“, sagte Kujat, der von 2002 bis 2005 Vorsitzender des Militärausschusses der NATO war.

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Eine Eskalation steht demnach nicht unmittelbar bevor. Griechenlands Demokratie habe zwar Schwächen, sei „aber insgesamt eine gewachsene Demokratie, in der das Militär unter politischer Kontrolle steht“, sagte Kujat. Auch sei die Mitgliedschaft in der NATO ein stabilisierender Faktor.

Griechen wenden sich von Regierung ab

Der Druck auf die griechische Führung nimmt dennoch weiter zu: Die Griechen verlieren das Vertrauen in die beiden großen Parteien, die die Regierung des parteilosen Finanzexperten Lucas Papademos stützen, wie eine Umfrage des namhaften griechischen Meinungsforschungsinstituts VRPC ergab. Die Sozialisten brachen regelrecht ein und auch die Konservativen verloren an Zustimmung der Wähler.

Die Sozialisten würden derzeit nur noch fünftstärkste Kraft mit elf Prozent der Stimmen werden – noch 2009 erhielten sie 44 Prozent. Den Konservativen, die als stärkste Kraft aus der Umfrage hervorgingen, würde es nicht gelingen, allein eine Regierung zu bilden. Sie kämen auf 27,5 Prozent (2009: 34 Prozent). Sie wären auf einen oder mehrere Koalitionspartner angewiesen.

„Ich akzeptiere nicht, dass Herr Schäuble mein Land beleidigt“

Doch auch die außenpolitische Krise mit den Euro-Staaten verschärft sich – die Nerven liegen blank: Zuletzt hatte Griechenlands Präsident Karolos Papoulias Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble scharf attackiert. Der 82-Jährige empörte sich über die harte Haltung Deutschlands und anderer großer Geldgeber. Athen fühlt sich von den Euroländern gegängelt.

„Ich akzeptiere es als Grieche nicht, dass mein Land von Herrn Schäuble beleidigt wird“, polterte Papoulias. „Wer ist denn Herr Schäuble, der Griechenland beleidigen kann“, fragte Papoulias erregt bei einem Mittagessen mit hochrangigen Militärs. Zuletzt hatte Schäuble mehrfach betont, Griechenland dürfe kein „Fass ohne Boden“ werden.

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Unions-Politiker verwahrten sich gegen die Attacke: „Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis. Das ist ein neuer negativer Höhepunkt der Kritik an Deutschland und anderen stabilitätsorientierten Ländern in der Eurozone“, sagte CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach dem Sender N24.

Nach der Kritik von Papoulias äußerte auch Zivilschutzminister Christos Papoutsis seinen Unmut über immer neue Sparforderungen. „Die Opfer des griechischen Volkes sind untragbar“, sagte er. Jede weitere Forderung sei eine schlichte Erpressung der griechischen Regierung und eine Beleidigung des Parlaments und der Bevölkerung. „Manche in Europa vergessen, dass hinter den numerischen Zielen Menschen stehen.“

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